Wieviel Strom braucht das Internet?

Computer sind heute um ein Vielfaches leistungsf?higer als in ihren Anf?ngen. Aber sind sie auch sparsamer geworden? Ein nicht unerheblicher Teil des Stromverbrauchs geht auf das Konto unserer digitalen Vernetzung.

Weltkarte mit Netzwerk als Symbol für das Internet
Wieviel Strom verbraucht die gesamte Internet-Infrastruktur, mit all ihren Datenzentren, Kommunikationsnetzen und mobilen Endger?ten? (Illustration: Danilo Rizzuti / freedigitalphotos)

Schlagzeilen wie ?ein halbes Kernkraftwerk für die Schweizer Rechenzentren? oder ?Geht es so weiter, verschlingen PC, Internet und Co. in 20 Jahren so viel Strom wie heute die ganze Welt? lassen aufhorchen. Aber stimmt das denn? Wie viel Strom kostet überhaupt die ganze Internet-Infrastruktur, inklusive Datenzentren, Kommunikationsnetzen und allen Handys?

Die wichtigsten Bestandteile des Internet sind die Computer. Diese werden laufend energieeffizienter, sie verbrauchen immer weniger Strom pro ausgeführter Maschinenoperation. Konnte ein raumfüllender Computer der 1950er-Jahre mit einer Kilowattstunde Strom (also der Energiemenge, mit der man ein Mittagessen für vier Personen kochen kann) nur rund zehntausend Operationen ausführen, so schaffen heutige Laptops damit mehr als eine Billiarde Operationen. In wohl keinem anderen Bereich verbesserte sich die Energieeffizienz so schnell und über einen so langen Zeitraum: Seit 1950 verdoppelte sie sich alle anderthalb Jahre [1].

Strombedarf bleibt ein Thema

Wieso ist angesichts rasant zunehmender Energieeffizienz der Stromverbrauch von Computern überhaupt ein Thema? Neben dem allseitigen Wunsch, Tablets, Smartphones und Laptops mit m?glichst kleinen Akkus immer noch l?nger mobil zu nutzen, gibt es dafür zwei Gründe:

  1. Fast in gleichem Masse, wie die Energieeffizienz zunahm, wuchs auch die Geschwindigkeit (also die Anzahl Operationen pro Sekunde), so dass sich die beiden Effekte nahezu neutralisieren: Ein PC braucht heute pro Minute beinahe so viel Strom wie die ersten ?Homecomputer? vor gut 30 Jahren, die tausend Mal langsamer waren.
  2. Die Menge der Computer wuchs gewaltig, da PCs immer preiswerter, nützlicher und begehrter wurden. Lange Zeit verdoppelte sich ihre Zahl alle 4 Jahre, und heute ist sogar jedes Smartphone ein vollwertiger Computer – über eine Milliarde solch mobiler Internetzug?nge wurde alleine letztes Jahr verkauft.

Aber es gibt auch gegenl?ufige Tendenzen. Die Tatsache, dass wir immer ?fter anstelle eines PCs einen genügsameren Laptop oder gar ein Tablet für das Surfen im Internet nutzen, hat messbare Konsequenzen: Waren 2008 in allen Schweizer Haushalten zusammen für Computer noch circa 500 GWh Strom n?tig, so wurden dafür fünf Jahre sp?ter (trotz einer Zunahme der Ger?tezahl um ein gutes Drittel) nur noch 361 GWh, also 28 Prozent weniger, ben?tigt. Das sind gerade noch 2 Prozent des durchschnittlichen Haushaltsstrombedarfs.

Das ganze Internet

Um den Stromverbrauch des ganzen Internets einschliesslich aller Infrastrukturkomponenten zu erfassen, bildet man sinnvollerweise drei Kategorien:

  1. Endger?te für Nutzer: PCs, Laptops, Telefone, Displays, E-Book-Reader, Spielkonsolen etc.
  2. Daten- und Rechenzentren mit ihren Servern und Kühlaggregaten.
  3. Kommunikationsnetze inklusive Mobilfunkstationen und Internet-Router.

Die Absch?tzungen des weltweiten Energiebedarfs hierfür sind nicht ganz einfach und mit einer gewissen Unsicherheit verbunden. Die Anzahl der Ger?te, deren Strombedarf, Nutzungsfrequenz und Lebensdauer sowie einige weitere Faktoren fliessen hier mit ein. Inzwischen gibt es mehrere Analysen [2,3]; diese weichen zwar hinsichtlich des gesch?tzten Energieverbrauchs etwas voneinander ab, sind aber bei den ermittelten Trends gut vergleichbar.

Grob ergibt sich, dass alle drei Kategorien derzeit etwa gleich viel Strom verbrauchen, und im Jahr 2012 alles zusammen mit gut 900 TWh rund 4 Prozent des weltweiten Stromverbrauchs ausmachte [3]. Rechnet man auch noch den Strombedarf für die Herstellung der Hardware mit hinzu (circa 330 TWh [2]), erh?ht sich dies auf gut 5 Prozent.

Zukünftiges Wachstum

In unterschiedlichen Szenarien versuchen die Analysen, die Trends beim Stromverbrauch des Internets in die Zukunft zu extrapolieren. Die mittleren Szenarien kommen auf eine j?hrliche Steigerungsrate von 4 bis 7 Prozent. Das w?re mehr als das Wachstum des weltweiten Gesamtstromverbrauchs (j?hrlich circa 3,5 Prozent in den letzten Jahren), so dass der Anteil des Internet am Stromverbrauch weiter zunehmen dürfte. Von den drei genannten Sektoren w?chst der Energiebedarf für die Netze am schnellsten, er verdoppelt sich in nur 10 Jahren und reflektiert unseren Hunger nach immer mehr Daten aus dem Internet, heruntergeladen in immer kürzerer Zeit. Hingegen steigt der Stromverbrauch für die Endger?te in vielen L?ndern kaum noch.

Unsere Erwartung, dass ?alles? im Netz und dann augenblicklich mit einem Klick oder Wisch auf unseren mobilen Ger?ten ist, ist also für den weiter zunehmenden Stromverbrauch des Internets verantwortlich – die rapide steigende Energieeffizienz der zugrundeliegenden Technologiekomponenten kann unseren noch viel schneller wachsenden Datenhunger nicht kompensieren.

Weiterführende Informationen

[1] Koomey JG et al. (2011) Implications of historical trends in the electrical efficiency of computing. IEEE Ann. Hist. Comput. 33.3, 46-54. doi: externe Seite10.1109/MAHC.2010.28

[2] Corcoran PM et al. (2013) Emerging trends in electricity consumption for consumer ICT. (externe Seiteauf researchgate.com)

[3] Van Heddeghem W et al. (2014) Trends in worldwide ICT electricity consumption from 2007 to 2012. Comput. Commun. 50, 64-76. doi: externe Seite10.1016/j.comcom.2014.02.008

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